Als mein Ex-Freund vor einigen Jahren starb, musste ich erleben, wie sehr Trauer in unserer westlichen Welt tabuisiert ist. Im Hausgang schien meine Nachbarin plötzlich mehrmals die Woche völlig vertieft ins Durchschauen ihrer Post. Ein Bekannter betete jede Einzelheit seiner Spanien-Ferien in einem atemlosen Monolog herunter, um ja keine Pause zwischen uns entstehen zu lassen. Die Arbeitskolleg:innen tauschten hilflose Blicke aus, während sich Schweigen im Lift ausbreitete. Schlimmer noch ist die Sprachlosigkeit, die das Thema Trauer und Sexualität umgibt. Denn das ist ein doppeltes Tabu, eines, über das man unter keinen Umständen spricht. Ich bin am Leben. Du bist tot. Mein Verstand arbeitet auf Hochtouren und mein Körper wird seltsam taub», schrieb ich damals in mein Notizbuch. Diese Trauer war anders als die Trauer, die ich kannte. Es fühlte sich an, als wäre die plötzliche Nichtexistenz seines Körpers in meinen Körper übergegangen, ich trug eine bleierne Taubheit in mir, die ich fast zwei Jahre lang nicht mehr los wurde. Ich begann zu recherchieren und stiess auf die US-amerikanische Psychologin Alice Radosh. Sie nennt dieses Phänomen «sexual bereavement» — die Trauer über den Verlust der sexuellen Intimität. Sie fühlte sich grundlegender an als der Verlust gemeinsamer Aktivitäten wie Konzertbesuche und Kanufahren. Das waren Dinge, die wir zusammen getan hatten. Hier ging es darum, wer wir zusammen gewesen waren», schreibt sie in ihrem Essay «Taboo Times Two» über den Tod ihres Mannes, mit dem sie über vierzig Jahre verheiratet war. Wenn sie mit ihren Freund:innen darüber zu sprechen versuchte, stiess die über Jährige auf pikiertes Schweigen. Auch Bücher halfen nicht weiter: «Ich machte mich auf die Suche nach einer Bestätigung, dass meine Gefühle nicht unangebracht waren. Ich las die Klassiker von Joan Didion und Joyce Carol Oates über den Tod ihrer Ehemänner. In zusammengenommen fast Seiten fand ich keinen Hinweis auf die Trauer um ihre körperliche Beziehung, wie ich sie erlebte. Die unausgesprochene Sex In Der Trauerphase Über Sex spricht man nicht. Ich selbst habe in den letzten Jahren so viele Bücher zum Thema Trauer gelesen, dass sie meine halbe Wohnzimmerwand füllen. Unter denen, die ich gelesen habe, sind poetische, philosophische und tröstliche Texte, solche, die den Schmerz und das Leid schonungslos sezieren und tief in den Abgrund blicken, der sich nach dem Verlust eines geliebten Menschen auftut. Doch um Sex geht es dabei erschreckend wenig. Die einzigen Bücher, die mein Erleben in all seiner Drastik spiegeln, sind die der niederländischen Schriftstellerin Connie Palmen. In ihrem autobiografischen Roman «I. Als sie vom Tod ihres Lebensgefährten erfährt, klettert sie noch im Spital auf die Trage und liegt eine Dreiviertelstunde lang auf dem Toten: «Er wird warm von meinem Körper, aber er wird nicht mehr weich und lebendig. Nichts gibt nach, nicht einmal seine Hoden. In ihrem 13 Jahre später erschienenen «Logbuch eines unbarmherzigen Jahres» thematisiert sie die Trauer um die verlorene sexuelle Beziehung zu ihrem zweiten Ehemann bereits auf der ersten Seite: «Es ist ein ständiges Sehnen, ein rasendes Verlangen, ihn zu sehen und zu liebkosen, seinen prachtvollen Körper, gehüllt in diese seidenweiche, sonnengebräunte Haut, sein schwindelerregend schönes Gesicht, seinen Mund, seinen Torso, seine Beine und Arme, seine Hände. Ich will zu ihm, auf ihn, will ihn um mich und in mir haben. Die Erinnerungen an den Sex in all diesen Jahren bestürmen mich Dutzende Male am Tag, kurze Szenen, Bildblitze, in hoher Frequenz abgefeuert, ohne Chronologie, ohne Ton. Ich kenne diese Bilder. Mich durchzuckten sie, als ich die Kleider in Händen Sex In Der Trauerphase, in denen Sex In Der Trauerphase Ex-Freund starb. Als ich seinen Geruch einsog, den es nur noch in Verbindung mit diesem Stoff gab. Es waren Bilder eines Körpers, der mir vertraut war. Ein Körper, der jetzt kalt und leblos irgendwo lag. Darüber müssen wir sprechen. Wir Menschen sind sexuelle Wesen — auch in der Trauer. Es bringt nichts, unsere Gefühle und Bedürfnisse hinter Pietät und Scham zu verrammeln. Dabei geht es nicht nur um Sex. Es geht um das, was wir als moderne Gesellschaft nur allzu gern verdrängen: die Leiblichkeit des Todes. Fangen wir an, uns ihr zu stellen. Fangen wir an bei der schönsten und der schlimmsten Sache der Welt. Caroline Kraft 41 schreibt als freie Autorin u.
Sex in Trauer-Zeiten: Warum es okay und kein Zeichen mangelnder Liebe ist
„Als mein Bruder starb, war ich 37 – danach bekam ich wahnsinnige Lust auf Sex“ Vielleicht ist sexuelle Lust also eine Art. ZEIT ONLINE: Zu Liebe und Sex gehören in der Regel zwei. Wie erleben neue Partner den Konflikt zwischen Trauer und dem Wunsch nach Zärtlichkeit? Trauer ist Vergangenheitsschmerz und Zukunftsverlust. Guter Sex dagegen ist purer Gegenwartsgenuss. Trauerbegleitung: Wenn Lust zum Tabu wird | ZEIT ONLINEEs fehlt auch der Körper im Bett neben einem. Es ist sehr schön, zu sehen, wie erleichtert die Menschen sind, wenn sie merken: Das ist nicht falsch, das gehört auch zu meiner Trauer dazu. Während der Mann eher auf Abstand ging, wünschte sich seine Partnerin mehr Intimität — erwartete aber, dass er das merkt, ohne dass sie es offen ausspricht. Wenn du diese Cookies nicht zulässt, werden wir dir auf anderen Websites nicht unsere zielgerichtete Werbung anzeigen können. Manche reagieren auf den Verlust eines geliebten Menschen fast apathisch.
Wie mit dem Wunsch nach Sexualität umgehen?
Es bringt nichts, unsere Gefühle und Bedürfnisse hinter Pietät und Scham zu verrammeln. Trauer ist Vergangenheitsschmerz und Zukunftsverlust. Vielleicht ist sexuelle Lust also eine Art. Auch in Zeiten von Krisen, Leid und Trauer sind Menschen sexuelle Wesen. Wie erleben neue Partner den Konflikt zwischen Trauer und dem Wunsch nach Zärtlichkeit? ZEIT ONLINE: Zu Liebe und Sex gehören in der Regel zwei. Guter Sex dagegen ist purer Gegenwartsgenuss. Dieses Leidfaden-Heft bringt die Bedürfnisse nach körperlicher und seelischer Nähe. Wir Menschen sind sexuelle Wesen – auch in der Trauer.Mein RND. Das wurde aber ein Riesenthema in der Nachbarschaft. Die haben wir auch in unserer Kultur, etwa die Vorgabe eines Trauerjahres, in dem ein Witwer oder eine Witwe sich schwarz kleidet. Trauer und Bewegung — Von der Kraft der In zusammengenommen fast Seiten fand ich keinen Hinweis auf die Trauer um ihre körperliche Beziehung, wie ich sie erlebte. Nach ein paar Wochen kompletter Verzweiflung warf ich mich mit allem, was ich hatte, in meine eigene Zukunft: Ich schmiedete Pläne, verwarf einige und verfolgte andere, ich reiste, ich zog um, ich war unterwegs, habe nach vorn gelebt, um zu überleben. TrostHelden nutzt Cookies, damit unser Angebot zuverlässig und sicher läuft. FC Union Internationales Politik Bundestagswahl Wirtschaft Kultur Panorama Sport Stil Bürgerrechte Gesundheit Ratgeber Technologie Reisen. In Untersuchungen erzählen Betroffene, dass das mit Scham besetzt ist. Also zunächst, weil ich mich mit Tod und Trauer gut auskenne. Nach der Festlegung der Datenschutzeinstellungen sind Änderungen jederzeit möglich. Nach zwölf Jahren Trauerbegleitung im Lotsenhaus wagen wir uns jetzt daran, die anzusprechen. Berlin- Stellen Sie sich vor, Sie sind auf einer Beerdigung. Startseite Themen entdecken Aktuelles Service Verlage Blog eLibrary Impressum. Wie stehen Sexualität und Spiritualität zueinander? Du kannst deine Wahl jederzeit anpassen. Dieses Leidfaden-Heft bringt die Bedürfnisse nach körperlicher und seelischer Nähe ins Wort. Oder muss beim Masturbieren weinen. Ulrich Clement, Ann-Marlene Henning. Auch Berührungen, Streicheln, Sinnlichkeit gehören dazu. Die Erinnerungen an den Sex in all diesen Jahren bestürmen mich Dutzende Male am Tag, kurze Szenen, Bildblitze, in hoher Frequenz abgefeuert, ohne Chronologie, ohne Ton. Aber natürlich sind sexuelle Erregung und Bedürfnisse immer noch vorhanden. Schlimmer kanns nicht werden, könnte man denken. In den Warenkorb. Achte besonders auf Warnsignale wie anhaltende Depressionen, Angstzustände oder den Drang, Sex als einziges Mittel zur Gefühlsregulation zu nutzen. Ohne einen schiefen Blick befürchten zu müssen. Vielleicht haben Sie ja auch die eine oder andere Erfahrung gemacht, die Trauer und Sexualität gemeinsam betrifft? Das ungefragt und aus dem Bauch heraus zu sagen, ist wenig einfühlsam und gar nicht hilfreich. Sex kann zwar vorübergehend Trost spenden, ersetzt aber nicht die notwendige emotionale Verarbeitung deines Verlustes. Wie geht man in Zeiten der Trauer mit all den Erinnerungen um?